Konkurse und Betreibungen 2022

Zahl der Konkurseröffnungen steigend

2022 wurden im Kanton Luzern 744 Firmen- und Privatkonkursverfahren neu eröffnet – 10,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit 611 Verfahren wurden über 80 Prozent dieser Konkurse aufgrund des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) eröffnet (+15,7% gegenüber Vorjahr). Die restlichen 133 Konkurseröffnungen betrafen Gesellschaftsauflösungen aufgrund von Mängeln in der Organisation gemäss schweizerischem Obligationenrecht (OR); das sind 7,0 Prozent weniger als 2021. Bei den Konkurseröffnungen zeigen seit Anfang 2021 auch zwei pandemieunabhängige Gesetzesanpassungen ihre Wirkung.

Abgeschlossen wurden im Lauf des Jahres 584 Konkursverfahren. Die Verluste beliefen sich insgesamt auf rund 45 Millionen Franken.

Während der Corona-Pandemie war zeitweise ein Betreibungsstopp verhängt worden. 2020 und 2021 lagen denn auch die Zahl der Zahlungsbefehle und jene der Pfandverwertungen tiefer als 2018 und 2019. Im letzten Jahr sind die Zahlen wieder gestiegen.

Mehr Konkursabwicklungen nach SchKG

Die meisten der 2022 im Kanton Luzern eröffneten Konkurse betrafen im Handelsregister eingetragene Gesellschaften. 375 Verfahren gegen solche juristischen Personen oder Personengesellschaften wurden nach SchKG eröffnet (Insolvenzen). Weitere 133 Eröffnungen erfolgten aufgrund von Mängeln in der Organisation nach OR (Art. 731b). Bei dieser zweiten Konkursart ist anzumerken, dass sie häufig dem administrativen Zweck dient, das Handelsregister um bereits nicht mehr existierende Gesellschaften zu bereinigen. Die dritte Konkursart betrifft nicht im Handelsregister eingetragene Personen. Hier belief sich die Zahl der Konkurseröffnungen 2022 auf 236 Konkurse (2021: 299 Verfahren). Ein Grossteil davon waren Konkurse aufgrund von ausgeschlagenen Erbschaften (200 Verfahren).

Die insgesamt 744 Firmen- und Privatkonkurse des Jahres 2022 haben gegenüber dem Vorjahr um 73 Fälle (+10,9%) zugenommen. Dieser Anstieg geht ausschliesslich auf die Konkurse von im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften nach SchKG zurück. Denn diese Konkursart stieg gegenüber dem Vorjahr um 63,8 Prozent an. Auch lag die Zahl dieser Verfahren deutlich über dem Durchschnitt der letzten 13 Jahre. Die Konkurse aufgrund von Organisationsmängeln nach OR gingen währenddessen leicht zurück (−7,0%), aber auch ihre Zahl lag über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. In diesen Ergebnissen zeigt sich unter anderem die Wirkung zweier Gesetzesänderungen, die mit dem Jahr 2021 in Kraft traten: Erstens gilt nun auch das Fehlen eines Rechtsdomizils als Organisationsmangel (OR 731b Abs. 1 Ziff. 5), der zur Auflösung entsprechender Gesellschaft führt. Zweitens werden Konkurse, welche aufgrund von Organisationsmängeln erfolgen, bei Überschuldung nun nach SchKG abgewickelt (OR 731b Abs. 4). Letzteres führte 2022 zu 103 Konkurseröffnungen von im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften.

Mängel in der Organisation (Art. 731b OR)

Erfolgt die Auflösung einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person oder Personengesellschaft aufgrund von Mängeln in der Organisation (Art. 731b OR) handelt es sich nicht um einen Konkurs im üblichen Sinn nach SchKG, denn der Konkurs tritt nicht aufgrund von Überschuldungsproblemen ein, sondern weil die Gesellschaft nicht mehr über alle gesetzlich vorgeschriebenen Organe verfügt oder eines dieser Organe nicht die vorgeschriebene Zusammensetzung aufweist. So handelt es sich dabei oftmals um einen einfachen administrativen Vorgang, der dazu dient, nicht mehr existierende Unternehmen, die immer noch im Handelsregister stehen, zu löschen. Seit dem 1. Januar 2021 gilt es auch als Organisationsmangel, wenn eine Firma kein Rechtsdomizil hat. Ausserdem wird ab 2021 ein Konkurs nach SchKG eröffnet, wenn bei juristischen Personen neben Organisationsmängeln auch eine Überschuldung festgestellt wird (OR 731b Abs. 4).

Konkursverluste von 45 Millionen Franken

2022 wurden im Kanton Luzern total 584 Konkursverfahren abgeschlossen. Diese Zahl hat gegenüber 2021 leicht zugenommen (+3%) und liegt auch über dem Durchschnitt der Jahre seit 2010. Bei über der Hälfte der abgeschlossenen Konkurse wurde das Verfahren mangels Aktiven eingestellt (335 Abschlüsse). 238 Abschlüsse erfolgten über eine Liquidation. In 11 Fällen wurde der Konkurs widerrufen.

Die finanziellen Verluste aus Konkursverfahren beliefen sich kantonsweit auf 45,0 Millionen Franken. Diese Summe war 28,2 Prozent kleiner als im Vorjahr. Seit 2019 geht die Verlustsumme stetig zurück und liegt aktuell unter dem Durchschnitt der letzten 13 Jahre (57,2 Mio. Fr.).

Einstellung des Konkursverfahrens

Findet das Konkursamt nicht genügend aktive Mittel, um die Verfahrenskosten eines Konkursverfahrens zu decken, beantragt es beim zuständigen Bezirksgerichtspräsidium die Einstellung des Verfahrens. Der Beschluss über die Einstellung wird im Kantonsblatt publiziert mit dem Hinweis, die Gläubiger könnten die Einstellung durch die Bezahlung eines Kostenvorschusses verhindern.

Zahl der Betreibungen und Verlustscheine gestiegen

Über natürliche Personen und nicht im Handelsregister eingetragene Gesellschaften wird selten der Konkurs eröffnet. Vielmehr unterliegen diese in der Regel der Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung (Ausnahme: Privatkonkurs). Gegenüber dem Vorjahr stieg 2022 die Zahl der Betreibungsverfahren um 3,5 Prozent auf 100'580 ausgestellte Zahlungsbefehle an. Gestiegen ist einerseits die Zahl der Pfandverwertungen, also öffentlichen Versteigerungen oder Freihandverkäufen von Vermögenswerten; es wurden insgesamt 37'348 Verwertungen vorgenommen (+27,2%). Anderseits ist auch die Zahl der Pfändungen auf 53'804 Vollzüge leicht gestiegen (+1,3%).

2022 wurden im Kanton Luzern insgesamt 33'237 Verlustscheine über einen Gesamtbetrag von gut 116 Millionen Franken ausgestellt. Diese Verlustsumme ist zwar deutlich höher als im Vorjahr, liegt jedoch tiefer als die Verluste, die in den Jahren 2009 bis 2018 jährlich gemessen wurden. Die Zahl der Verlustscheine (+32,8%) stieg dabei stärker an als die Betragssumme (+19,2%). Ein Verlustschein lautete durchschnittlich auf rund 3'500 Franken (2021: 3'900 Fr.).

Konkurs, Pfändung und Pfandverwertung

Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Personengesellschaften unterliegen der Betreibung auf Konkurs. Dabei wird das gesamte Vermögen zur Konkursmasse geschlagen, um die Gesamtheit der Gläubiger zu befriedigen. Die nicht eingetragenen Gesellschaften und die natürlichen Personen unterliegen in der Regel der Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung. Hierbei wird nur so viel Vermögen gepfändet, wie zur Tilgung der eingegangenen Forderung notwendig ist. Eine weitere Möglichkeit für Privatpersonen ist der Privatkonkurs. Der Schuldner beantragt seine Konkurseröffnung beim Bezirksgericht, indem er sich für zahlungsunfähig erklärt (sog. Insolvenzerklärung). Im Gegensatz zur Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung tritt die Privatperson nun ebenfalls mit allen Aktiven und Passiven ins Verfahren ein.

Monatlich aktualisierte Wirtschaftskennzahl verfügbar

Neben obiger Analyse, die auf die Daten des Luzerner Kantonsgerichts abstützt, aktualisiert LUSTAT die Daten über Konkurse juristischer Personen monatlich und publiziert sie als Wirtschaftskennzahl. Diese stützt auf die Meldungen des Schweizerischen Handelsamtsblatt ab. Sie weist – mit Blick auf die Konjunkturentwicklung – ausschliesslich die Konkursmeldungen juristischer Personen aus.

Autorin: Sibylle Haas, 23. März 2023

Kontakt

Sibylle Haas

E-Mail: sibylle.haas@lustat.ch

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