Finanzielle Situation der Luzerner Haushalte

Sozialleistungen verringern Armutsquote um über die Hälfte

Gemäss den neusten verfügbaren Zahlen für das Jahr 2016 beträgt der Anteil der Luzerner Bevölkerung in Privathaushalten, deren Erwerbseinkommen, Sozialversicherungsleistungen oder Vermögen nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts gemäss SKOS-Richtlinien ausreicht, 7,5 Prozent (Armutsquote vor Sozialtransfers). Durch die Ausrichtung bedarfsabhängiger Sozialleistungen – wie etwa der wirtschaftlichen Sozialhilfe, den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV oder der Prämienverbilligung zur obligatorischen Krankenversicherung – verringert sich dieser Anteil auf 3,5 Prozent (Armutsquote nach Sozialtransfers). Über die Hälfte der Armutsbetroffenen – rund 16′000 Luzerner/innen – werden also mithilfe bedarfsabhängiger staatlicher Unterstützung über die Armutsgrenze hinausgehoben.

Familien von Alleinerziehenden mit stark erhöhtem Armutsrisiko

Das Armutsrisiko wird massgeblich von der Haushaltssituation bestimmt. Kinder sind nicht generell, sondern dann einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wenn sie im Haushalt eines alleinerziehenden Elternteils leben. In Paarhaushalten mit Kindern ist die Armutsquote vor Transfers (5,8%) nur geringfügig grösser als bei kinderlosen Paarhaushalten (unter 65 Jahren: 4,8%). Hingegen ist entsprechende Quote bei Alleinerziehenden und ihren Kindern mit 25,8 Prozent mit Abstand am höchsten von allen Haushaltstypen. Gründe hierfür sind die höheren Lebenshaltungskosten nach einer Trennung sowie die erschwerte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Letzteres akzentuiert sich bei Alleinerziehenden, je jünger ihre Kinder sind (LUSTAT 2017).

Die anteilmässig stärkste Armutsreduktion erwirken die bedarfsabhängigen Sozialleistungen bei Personen im Rentenalter: 4 von 5 Armutsbetroffene über 64 Jahren in Einzel- oder Paarhaushalten überschreiten mithilfe von Sozialleistungen die Armutsschwelle. Die Armutsquote nach Sozialtransfers ist bei Paarhaushalten im Rentenalter mit 0,6 Prozent denn auch die tiefste aller Haushaltstypen. Bei den Einpersonenhaushalten im Rentenalter sinkt die Armutsquote von überdurchschnittlichen 11,3 Prozent vor Sozialtransfers auf niedrige 2,1 Prozent nach Sozialtransfers.

Sozialhilfe nimmt vorrangige Rolle in der Bekämpfung finanzieller Armut ein

Bei Personen, die mithilfe bedarfsabhängiger Sozialleistungen die Armutsschwelle überschreiten, ist zu 50 Prozent die wirtschaftliche Sozialhilfe (WSH) ausschlaggebend. Zum Zug kommt die WSH insbesondere bei sozialen Risiken ohne spezifische sozialstaatliche Absicherung. Darunter fallen auch Alleinerziehende und ihre Kinder, die von allen Haushaltstypen am häufigsten von Armut betroffen sind.

Ergänzungsleistungen (EL) werden an Personen im Rentenalter und an Menschen mit Behinderung ausgerichtet, sofern die Sozialversicherungsleistungen von AHV und IV zur Deckung des Lebensbedarfs nicht ausreichen. EL sind in 36 Prozent aller Fälle ausschlaggebend für die Überschreitung der Armutsschwelle; bei Rentnerhaushalten – sowohl Einzelpersonen als auch Paaren – sogar in über 90 Prozent der Fälle. Staatliche Armutsbekämpfung bei älteren Personen erfolgt also fast ausschliesslich über die EL.

Bei Bezüger/innen von mehreren bedarfsabhängigen Sozialleistungen gilt diejenige Sozialleistung als ausschlaggebend für die Überwindung der finanziellen Armut, die als letzte zum Einsatz kommt. Wenn beispielsweise ein armutsbetroffener Haushalt eine Prämienverbilligung erhält, diese jedoch nicht ausreicht und der Haushalt deshalb zusätzlich mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt wird, so ist diese zweite, nachgelagerte Sozialleistung jene, die es den Betroffenen möglich macht, die Armutsschwelle zu überschreiten.

Prämienverbilligung leistet grössten Beitrag zur Armutsreduktion bei Paaren mit Kindern

Auch bedarfsabhängige Sozialleistungen, die nicht primär der Armutsbekämpfung dienen, sondern den Zugang zur Grundversorgung (wie Bildung oder Gesundheitswesen) sichern sollen, tragen – quasi als positiver Seiteneffekt – zur Existenzsicherung bei. Wie in der Grafik oben ersichtlich, ist die individuelle Prämienverbilligung im Kanton Luzern in 10 Prozent der Fälle ausschlaggebend dafür, dass die Armutsschwelle überschritten wird. Wesentlich höher ist dieser Anteil mit 26 Prozent bei armutsbetroffenen Personen in Paarhaushalten mit Kindern. Ohne staatliche Verbilligung würden diese Familien aufgrund der Ausgaben für die obligatorische Krankenversicherung unter die Armutsschwelle fallen.

Bei den Ausbildungsbeiträgen ist die direkt armutsverringernde Wirkung mit 2 Prozent vergleichsweise gering. Dies überrascht insofern nicht, als erstens die Zielgruppe der Ausbildungsbeiträge eingeschränkt ist und zweitens diese Sozialleistung nicht in erster Linie die Armut bekämpfen, sondern den Zugang zur Bildung sicherstellen soll. Bildung ihrerseits vermindert das Armutsrisiko nachhaltig, wie zahlreiche Studien belegen. Ausbildungsbeiträge tragen also zur Armutsprävention bei. Dies vor allem dann, wenn sie Kindern aus bildungsfernen Schichten zugutekommen, deren Eltern nicht für die Kosten einer Ausbildung aufkommen können.

Weiterführende Informationen zu Finanzieller Armut und Armutsbekämpfung finden sich in der jüngsten Schwerpunktpublikation zu diesen Themen, in LUSTAT Focus 09:

Autor: Dominic Höglinger / 27. Juni 2019

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