Regionale Disparitäten 2020

Gemeindeunterschiede nehmen mehrheitlich ab

Anhand von 26 Kennzahlen aus den Bereichen Wirtschaft, soziale Lage sowie öffentliche Dienstleistungen/Infrastruktur geht der Webartikel der Frage nach, wie stark ausgeprägt die regionalen Disparitäten im Kanton Luzern sind. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Unterschiede zwischen den Luzerner Gemeinden: Sind die Unterschiede zwischen den Luzerner Gemeinden im Zeitverlauf grösser geworden oder sind die Gemeinden näher zusammengerückt? Die Kennzahl Pflegeheimplätze basiert auf einer anderen räumlichen Grundlage (Planungsregionen), sodass sie beim Gemeindevergleich nicht miteinbezogen wird.

Stärkster Rückgang der räumlichen Unterschiede im Bereich Wirtschaft sowie öffentliche Dienstleistungen/Infrastruktur

Im untersuchten Zeitraum zeigt sich bei 16 der insgesamt 25 Kennzahlen eine Abnahme der regionalen Disparitäten. In der Gesamtbetrachtung lässt sich also festhalten, dass sich die Unterschiede zwischen den Luzerner Gemeinden überwiegend verkleinert haben. Dies, auch wenn sich einzelne Gemeinden oder Regionen in gewissen Bereichen gegen diesen Trend entwickelt haben.

Am stärksten gingen die kommunalen Unterschiede beim öffentlichen Bildungsaufwand, beim verfügbaren Haushaltseinkommen, bei der Arbeitslosigkeit, der Erreichbarkeit mit dem ÖV sowie bei der Bevölkerungsentwicklung zurück. Das sind alles Kennzahlen aus den Bereichen Wirtschaft und öffentliche Dienstleistungen/Infrastruktur.

Bei 9 der 25 Kennzahlen zeigt sich eine Zunahme der Gemeindeunterschiede. Es sind Kennzahlen, die überwiegend mit der sozialen Lage in Zusammenhang stehen. Nicht bei allen von ihnen haben die Gemeindeunterschiede allerdings gleich stark zugenommen. Am stärksten auseinandergedriftet sind die Luzerner Gemeinden hinsichtlich der Übertrittsquote in die Berufsbildung, bei der Armutsquote und hinsichtlich der Übertrittsquote ins Langzeitgymnasium.

Eine weitere Haupterkenntnis der Untersuchung ist, dass das Ausmass der Disparitäten sich insgesamt stärker zwischen den einzelnen Kennzahlen unterscheidet als deren Entwicklung im Zeitverlauf. Das gilt sowohl für die 16 Kennzahlen, für die über die Jahre eine Abnahme der Gemeindeunterschiede zu verzeichnen ist, als auch für die 9 Kennzahlen mit zunehmender Variation zwischen den Gemeinden. Das zeigt, dass schon die (von der Datenverfügbarkeit abhängenden) Auswahl der in Betracht gezogenen Kennzahlen erheblichen Einfluss auf das Gesamtergebnis hat. Aussagen zum Ausmass der regionalen Disparitäten im Kanton Luzern lassen sich daher nur vor dem Hintergrund der konkret analysierten Kennzahlen ableiten und sind nicht verallgemeinerbar. Das heisst, dass sie nicht auf andere thematische Bereiche und geografische Räume übertragbar sind.

Regionale Disparitäten zeigen vielfältige Raummuster

Die Streuung zwischen den 82 Luzerner Gemeinden ist aktuell am grössten beim Bevölkerungswachstum, bei der Einbürgerungsquote, bei der Wohnbautätigkeit und bei der Leerwohnungsziffer.

Das sind Kennzahlen, bei denen sich auch im zeitlichen Vergleich sehr grosse Schwankungen zeigen. Das deutet auf die gegenseitige Beeinflussung von soziodemografischen und ökonomischen Entwicklungen hin. Gleichzeitig werden diese Kennzahlen auch durch kurzfristige Veränderungen vergleichsweise stark beeinflusst. Das Bevölkerungswachstum kann zum Beispiel Hinweise auf die Attraktivität einer Region als Wohn- und als Arbeitsort geben. Gleichzeitig ist die Bevölkerungsentwicklung auch häufig die Ausgangslage für die Entstehung von regionalen Disparitäten in verschiedenen Lebensbereichen. So kann eine hohe Bevölkerungszunahme eine starke Wohnbautätigkeit nach sich ziehen. Der umgekehrte Fall ist ebenfalls möglich: Eine starke Wohnbautätigkeit forciert und ermöglicht erst Bevölkerungswachstum. Eine hohe Bautätigkeit wiederum kann zu höheren Leerwohnungszahlen führen, beispielsweise wenn die neu erstellten Wohnungen aufgrund einer volatilen Nachfrageentwicklung nicht vollständig absorbiert werden. Umgekehrt ist eine schwache Bautätigkeit – je nach Nachfrageentwicklung – nicht zwingend gleichbedeutend mit einem niedrigen Leerwohnungsbestand.

Diese und andere sich gegenseitig bedingenden Entwicklungen äussern sich im Kanton Luzern in zum Teil sehr ähnlichen und zum Teil in sehr gegensätzlichen Raummustern. Zum Beispiel besteht ein solches gegensätzliches Muster im Zusammenhang mit Steuerkraft und Sozialhilfebezug. So hatten im Jahr 2018 mit Vitznau, Mauensee, Sempach und Schenkon jene Gemeinden den niedrigsten Anteil an Sozialhilfebeziehenden, die – pro Kopf betrachtet – zu den steuerstärksten im Kanton Luzern zählen. In Räumen mit vergleichsweise hohen Anteilen an ausländischen Staatsangehörigen, vergleichsweise vielen Einpersonenhaushalten sowie mit einem hohen Altersquotienten ist hingegen tendenziell auch ein erhöhtes Risiko für den Sozialhilfebezug festzustellen.

Aktuell sind die kommunalen Unterschiede bei der Arbeitslosigkeit, beim öffentlichen Bildungsaufwand, bei der Schülerintensität und beim verfügbaren Einkommen am kleinsten. Bei allen vier Kennzahlen sind die Unterschiede zwischen den Gemeinden geringer als zu Beginn der Betrachtungsperiode. Die Unterschiede sind beim Einkommen und bei den Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Ausgangsniveau sogar unter allen Kennzahlen am stärksten zurückgegangen.

Im städtischen Raum nehmen Gemeindeunterschiede überwiegend ab, im ländlichen Raum überwiegend zu

Durchaus klare Trends zeigen die Untersuchungsergebnisse für die verschiedenen Raumtypen: Innerhalb des ländlichen Raums haben die kommunalen Unterschiede bei der überwiegenden Anzahl der untersuchten Kennzahlen zugenommen, nämlich bei 14 von 25. Im städtischen Raum weisen 10 Kennzahlen auf ansteigende und 15 Kennzahlen auf rückläufige Disparitäten hin. Im intermediären Raum haben die Gemeindeunterschiede bei 9 Kennzahlen zu- und bei 16 Kennzahlen abgenommen.

Die Stadt-Land-Unterscheidung überlagert vielfach die Entwicklungen zwischen Agglomerations- und Nichtagglomerationsgemeinden sowie zwischen den Regionalen Entwicklungsträgern.

Auch im Vergleich der drei thematischen Bereiche Wirtschaft, soziale Lage sowie öffentliche Dienstleistungen/Infrastruktur ist das Ausmass der kommunalen Disparitäten unterschiedlich. So nehmen die Gemeindeunterschiede bei den sozialräumlichen Kennzahlen und den Kennzahlen zu Infrastruktur/Dienstleistungen mehrheitlich zu, während sie bei den raumwirtschaftlichen Kennzahlen kleiner geworden sind. Das trifft für städtische und ländliche Gemeinden zu, nicht aber für intermediäre.