Rechnungslegung

Rechnungslegungsmodell

Die Rechnungslegung der Luzerner Gemeinden entspricht dem Schweizer Standard des harmonisierten Rechnungslegungsmodells HRM2. Das Handbuch Harmonisiertes Rechnungslegungsmodell für die Kantone und Gemeinden HRM2 wird von der Konferenz der Kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FdK) herausgegeben. Es beinhaltet Empfehlungen zur Rechnungslegung der Gemeinwesen der Schweiz. HRM2 orientiert sich an den "International Public Sector Accounting Standards" (IPSAS). Das Modell HRM2 ist eine Weiterentwicklung von HRM1. HRM2 verfolgt folgende Ziele in Bezug auf die Rechnungsführung der Schweizer Gemeinwesen:

  • Förderung der Transparenz
  • Vereinheitlichung
  • schweizweite und internationale Vergleichbarkeit der öffentlichen Rechnungen

HRM2 ist vergleichbar zu Standards aus der Privatwirtschaft. Es folgt dem Prinzip der doppelten Buchführung. Wichtige Grundsätze sind etwa das "True and fair view"-Prinzip, die Bruttodarstellung sowie die Periodengerechtigkeit und das Soll-Prinzip (vgl. auch FHGG §44).

Wichtige HRM2-Grundsätze
  • "True and fair view"-Prinzip: Die abgebildete Vermögens-, Finanz- und Ertragslage soll den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, stille Reserven sind unzulässig
  • Bruttodarstellung: Aufwände und Erträge sollen nicht verrechnet werden
  • Periodengerechtigkeit und Soll-Prinzip: Verbuchung zum Zeitpunkt von Rechnungsstellung/-Eingang

Bei den Luzerner Gemeinden wurde HRM2 schrittweise in den Jahren 2018 und 2019 eingeführt. Die Rechtsgrundlage zur konkreten Umsetzung im Kanton Luzern bilden zwei Erlasse:

  • Das Gesetz über den Finanzhaushalt der Gemeinden (FHGG), SRL Nr. 160
  • Die Verordnung zum Gesetz über den Finanzhaushalt der Gemeinden (FHGV), SRL Nr. 161

Die Kantonale Finanzaufsicht regelt gemäss FHGG den verbindlichen Kontorahmen sowie die funktionale Gliederung. In einem Handbuch sind weitere die Rechnungslegung betreffende Sachverhalte festgehalten.

Datenangebot von LUSTAT

In der Statistik der Gemeindefinanzen vom Kanton Luzern liegen Daten zur Bilanz, Erfolgsrechnung und Investitionsrechnung vor.

Kontenrahmen (Artengliederung)

Die Bilanz, die Erfolgsrechnung und die Investitionsrechnung werden nach einem einheitlichen, kantonal verbindlichen Kontenrahmen dargestellt (Kapitel 4.2.2 Handbuch zum FHGG). Der Kontenrahmen definiert die zulässigen Finanzbuchhaltungskonten der Gemeinderechnungen. Die Darstellung der Gemeinderechnungen nach den Kontenarten wird als Artengliederung bezeichnet.

Struktur der Artengliederung

Der Kontenrahmen ist hierarchisch aufgebaut. Die höchste Aggregationsstufe der Artengliederung ist die einstellige Sachgruppe. Mit jeder Stufe wird eine zusätzliche Ziffer hinzugefügt und die Sachgruppe weiter spezifiziert. Die tiefste Aggregationsstufe ist das Sachkonto. Dieses ist mindestens 6-stellig, wobei die fünfte und sechste Stelle als Laufnummer bezeichnet werden. Laufnummern können bei Bedarf noch mit weiteren Stellen ergänzt werden. Auf dem Sachkonto werden die Buchungen ausgeführt. Die tieferliegenden Hierarchiestufen entsprechen in der Summe jeweils der nächsthöheren Stufe. Verbindlich vorgeschrieben sind im kantonalen Kontenrahmen die ersten vier Stufen der Kontenart. Bei einzelnen Spezialkonten sind bis zu sechs Stufen vorgeschrieben.

Ein Beispiel für ein Sachkonto ist: 1002.01 Kontokorrent Regionalbank.
Dieses Konto beinhaltet folgende Sachgruppen:

1. Stufe 1 Aktiven
2. Stufe 10 Finanzvermögen
3. Stufe 100 Flüssige Mittel und kurzfristige Geldanlagen
4. Stufe 1002 Bank

Folgende Kontenarten erster und zweiter Stufe sind im Kontenrahmen vorgesehen:

Bilanz
  1. Stufe   2. Stufe
1 Aktiven 10 Finanzvermögen
    14 Verwaltungsvermögen
2 Passiven 20 Fremdkapital
    29 Eigenkapital
 
Erfolgsrechnung
  1. Stufe   2. Stufe
3 Aufwand 30 Personalaufwand
    31 Sach- und übriger Betriebsaufwand
    33 Abschreibungen Verwaltungsvermögen
    34 Finanzaufwand
    35 Einlagen in Fonds und Spezialfinanzierungen
    36 Transferaufwand
    37 Durchlaufende Beiträge
    38 Ausserordentlicher Aufwand
    39 Interne Verrechnungen und Umlagen
4 Ertrag 40 Fiskalertrag
    41 Regalien und Konzessionen
    42 Entgelte
    43 Übrige Erträge
    44 Finanzertrag
    45 Entnahmen aus Spezialfinanzierungen und Fonds
    46 Transferertrag
    47 Durchlaufende Beiträge
    48 Ausserordentlicher Ertrag
    49 Interne Verrechnungen und Umlagen
9 Abschluss 90 Abschluss Erfolgsrechnung
 
Investitionsrechnung
  1. Stufe   2. Stufe
5 Investitionsausgaben 50 Sachanlagen
    51 Investitionen auf Rechnung Dritter
    52 Immaterielle Anlagen
    54 Darlehen
    55 Beteiligungen und Grundkapitalien
    56 Eigene Investitionsbeiträge
    57 Durchlaufende Investitionsbeiträge
    59 Übertrag an Bilanz
6 Investitionseinnahmen 60 Übertragung von Sachanlagen in das Finanzvermögen
    61 Rückerstattungen von Investitionsausgaben auf Rechnung Dritter
    62 Übertragung immaterieller Anlagen in das Finanzvermögen
    63 Investitionsbeiträge für eigene Rechnung
    64 Rückzahlung von Darlehen
    65 Übertragung von Beteiligungen
    66 Rückzahlung eigener Investitionsbeiträge
    67 Durchlaufende Investitionsbeiträge
    69 Übertrag an Bilanz

 

Kostenstellen-/Kostenträgerrahmen (funktionale Gliederung)

Neben der Artengliederung sieht HRM2 auch eine funktionale (oder funktionelle) Gliederung vor. Die funktionale Gliederung stellt die Kosten und Erlöse bzw. die Investitionsausgaben und -einnahmen nach Aufgabengebieten (Funktionen) der Gemeinde dar. Die zulässigen Funktionen sind im kantonal verbindlichen Kostenstellen- und Kostenträgerrahmen definiert. Die funktionale Gliederung lässt sich nur auf die Erfolgs- und Investitionsrechnung, nicht aber auf die Bilanz anwenden.

Darstellung nach Aufgabengebieten

Bei der funktionalen Gliederung werden alle Aufwände und Investitionsausgaben den zugehörigen Aufgaben, im Rahmen derer die Kosten anfallen, zugeordnet. Dies trifft ebenfalls zu auf die Abschreibungen. (Unter HRM1 wurden demgegenüber die Abschreibungen nicht einheitlich gehandhabt. Teilweise erfolgte deren Verbuchung zentral unter der Funktion Finanzen und Steuern und es fand keine zwingende Umlage auf die verschiedenen Aufgabengebiete statt). Auch alle Erträge und Investitionseinnahmen werden jeweils den entsprechenden Aufgaben zugeteilt. Erträge zu bestimmten Aufgaben fallen beispielsweise an, wenn sich andere Gemeinwesen, Private oder Unternehmen mit Beiträgen an einer Aufgabe beteiligen oder Entschädigungen für bezogene Leistungen bezahlen (aufgabenbezogene Transfererträge). Erträge fallen auch an, wenn für gewisse Leistungen Gebühren erhoben werden oder wenn Waren verkauft werden (Entgelte). Auch die Erteilung von Regalien oder Konzessionen generiert Einnahmen. Die Erträge aus den Steuereinnahmen (Fiskalerträge) und die Finanzausgleichszahlungen werden der Funktion Finanzen und Steuern zugeordnet.

Bei der Erfolgsrechnung bildet die funktionale Gliederung die Kostenrechnung ab.

Die Kostenrechnung mit den Kostenträgern und Kostenstellen

In der Kostenrechnung werden Kosten und Erlöse aus der Erfolgsrechnung denjenigen Aufgabenbereichen zugeordnet, welche die Kosten und Erlöse verursacht haben (Handbuch zum FHGG Kapitel 4.2.2.5). Die Kostenrechnung besteht aus drei Teilrechnungen:

  • Kostenartenrechnung
  • Kostenstellenrechnung
  • Kostenträgerrechnung

Die Kostenartenrechnung entspricht der Erfolgsrechnung gemäss Artengliederung. Die internen Verrechnungen und Umlagen (Sachgruppen 39 und 49) sind dabei eine Besonderheit der Kostenrechnung. Sie stellen Sekundärkosten und -Erlöse dar – im Gegensatz zu den übrigen Sachgruppen, die Primärkosten/-erlöse darstellen (vgl. Handbuch zum FHGG Kapitel 4.2.9.4). Mittels interner Verrechnungen werden die zentral anfallende Kosten von Querschnittsaufgaben und mittels Umlagen die Gemeinkosten auf die "nutzniessenden" Aufgabenbereiche verteilt (vgl. Handbuch zum FHGG Kapitel 4.2.4.9).

In der Kostenstellen- und der Kostenträgerrechnung werden die Kosten- und Ertragsarten den gemäss Kontenrahmen vorgesehenen Kostenträgern und Kostenstellen zugeordnet. Den Kostenträgern werden (in einem ersten Schritt) direkte Kosten (Einzelkosten) und Erlöse zugeordnet. Den Kostenstellen werden indirekte Kosten zugeordnet (Gemeinkosten). Indirekte Kosten sind beispielsweise Kosten der Finanzverwaltung oder der Liegenschaftsverwaltung. Die Kosten der Kostenstellen werden in einem zweiten Schritt mittels Umlagen (Sachgruppen 397 und 497) auf die Kostenträger verteilt. (Vgl. Handbuch zum FHGG Kapitel 4.2.9).

Struktur der funktionalen Gliederung

Der Kostenstellen- und Kostenträgerrahmen ist hierarchisch aufgebaut. Die höchste Aggregationsstufe ist die Hauptaufgabe bzw. die Funktion 1. Stufe. Es werden 10 Hauptaufgaben unterschieden. Mit jeder weiteren Stufe wird eine zusätzliche Ziffer hinzugefügt und die Funktion weiter spezifiziert. Die tiefste verbindlich vorgeschriebene Aggregationsstufe ist der Kostenträger bzw. die Kostenstelle. Verbindlich vorgeschrieben sind die ersten drei Stufen (Ziffern) und bei einzelnen speziellen Aufgaben vier Stufen der Funktion. Die weiteren Stufen sind wählbar. Dies stellen dann untergeordnete Kostenstellen bzw. Kostenträger dar. Die Funktionen müssen mindestens 4-stellig sein.

Die tieferliegenden Hierarchiestufen entsprechen in der Summe jeweils der nächsthöheren Stufe.

Ein Beispiel für ein Kostenträger ist: 2164 Schulsozialarbeit.
Dieser Kostenträger beinhaltet folgende Funktionen:

1. Stufe 2 Bildung
2. Stufe 21 Obligatorische Schule
3. Stufe 216 Schulische Dienste
4. Stufe 2164 Schulsozialarbeit

Folgende Hauptaufgaben sind im Kostenstellen- und Kostenträgerrahmen vorgesehen:

0 Allgemeine Verwaltung Legislative, Exekutive, allgemeine Dienste (Finanzverwaltung, Steuerverwaltung etc.), Verwaltungsgebäude etc.
1 Öffentliche Ordnung und Sicherheit, Verteidigung Polizei, Verkehrssicherheit, Rechtswesen (Einwohnerkontrolle, Zivilstandsamt, Grundbuch, Betreibungsamt, Kindes- und Erwachsenenschutz etc.), Feuerwehr, Zivilschutz, Militär etc.
2 Bildung Kindergarten, Primarschule, Sekundarstufe, Musikschulen, Sonderschulung, schulische Dienste, Schulliegenschaften, schul- und familienergänzende Tagesbetreuungsstrukturen, Berufsberatung, Weiterbildungskurse etc.
3 Kultur, Sport und Freizeit, Kirche Museen, Bibliotheken, Musik und Theater, Kulturförderung, Denkmalschutz, Gemeindeinformationen (Zeitung, Internet, etc.), Freizeitangebote (Sportanlagen, Parkanlagen, etc.), Unterstützung von Kirchen etc.
4 Gesundheit Kranken- und Pflegeheime, ambulante Pflege, Prävention, Schulgesundheitsdienst etc.
5 Soziale Sicherheit Beiträge an Sozial- und Krankenversicherungen, Ergänzungsleistungen, Familienzulagen, Leistungen an Arbeitslose, Sozialhilfe, sozialer Wohnungsbau, Asylwesen, Hilfsaktionen etc.
6 Verkehr und Nachrichtenübermittlung Strassenbau und -unterhalt, Parkplätze, Regionalverkehr etc.
7 Umweltschutz und Raumordnung Wasserversorgung, Abfall-/Abwasserbeseitigung, Umweltschutz, Schutz vor Naturgefahren, Friedhof, Raumplanung,  Bauamt etc.
8 Volkswirtschaft Land-/Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei, Tourismus, Industrie, Gewerbe, Handel, Wirtschaftsförderung, Elektrizität etc.
9 Finanzen und Steuern Steuern, Finanzausgleich, Zinsen, Liegenschaften des Finanzvermögens, Jahresabschluss etc.

 

Institutionelle Gliederung

Eine Gemeinde kann zusätzlich zur funktionalen Gliederung eine Gliederung nach Organisationseinheiten vorsehen (institutionelle Gliederung) (FHGG §47 Abs. 3). Die Kostenstellen und Kostenträger werden nach den Bedürfnissen der Gemeinde zu Leistungsgruppen und diese wiederum zu Aufgabenbereichen zusammengefasst (Handbuch zum FHGG Kapitel 4.2.2.1.3). Diese gemeindespezifischen Darstellungen sind individuell und nicht untereinander vergleichbar.