Lernende der obligatorischen Schulstufen
Die obligatorische Volksschulbildung umfasst den Kindergarten, die Primarstufe und die Sekundarstufe I. Mit der Basisstufe existiert auch ein alternatives Schuleintrittsmodell, in dem die Kinder jahrgangsgemischt den Kindergarten und die ersten zwei Jahre der Primarschule besuchen. Auf der Sekundarstufe I umfasst das Angebot das Gymnasium sowie die Niveaus A, B und C der Sekundarschule. Auf allen Stufen bestehen zudem Sonderschulangebote. Der Grossteil der Lernenden besucht die öffentlichen Schulen. Die Lernenden an Privatschulen werden im vorliegenden Kapitel, wenn nicht anders vermerkt, jeweils mit ausgewiesen.
Im vergangenen Jahrzehnt hat sich das Bildungsumfeld auf den obligatorischen Schulstufen stark gewandelt. Wichtige Neuerungen waren zum Beispiel die flächendeckende Einführung des zweijährigen Kindergartens, die Umsetzung des integrativen Schulmodells oder die Entwicklung hin zu immer mehr im integrierten Modell geführten Sekundarschulen.
Entwicklung der Lernendenzahlen
Im Schuljahr 2023/24 besuchten rund 47'900 Schülerinnen und Schüler eine obligatorische Schule im Kanton Luzern. Rund 9'100 Kinder besuchten einen Kindergarten oder eine Basisstufe. Die Regelklassen auf Primarstufe zählten knapp 25'300 Kinder, diejenigen auf Sekundarstufe I gut 12'700 Jugendliche. Zusätzlich besuchten gut 800 Lernende eine Sonderschule auf obligatorischer Schulstufe im Kanton Luzern.
In den Schuljahren 2004/05 bis 2014/15 waren die Lernendenzahlen auf den obligatorischen Schulstufen rückläufig gewesen. In den vergangenen zehn Jahren nahmen sie wieder kontinuierlich zu und liegen im Schuljahr 2023/24 um rund 5'400 Personen bzw. 13 Prozent über den Lernendenzahlen von 2014/15. Aufgrund der sich abzeichnenden Bevölkerungsentwicklung ist davon auszugehen, dass dieses Wachstum in den nächsten Jahren anhalten wird.
Die Lernendenzahlen entwickeln sich je nach Region unterschiedlich: Ein überdurchschnittliches Wachstum über die letzten zehn Jahre verzeichneten die Schulen im Unteren Wiggertal (+23%), im Agglomerationskern (+18%) sowie in der Stadt Luzern (+15%).
Lernendenzahl im Verhältnis zur Wohnbevölkerung leicht gestiegen
Die Schülerintensität misst das Verhältnis der Kinder und Jugendlichen an öffentlichen obligatorischen Schulen im Verhältnis zur ständigen Wohnbevölkerung. Diese Kennzahl bildet die Grundlage für die Berechnung des kantonalen Bildungslastenausgleichs. Im Schuljahr 2022/23 betrug die Schülerintensität im Kanton Luzern knapp 10,9 Prozent: Das heisst, auf eine ständige Wohnbevölkerung von rund 424'850 Einwohnerinnen und Einwohner kamen 46'130 Lernende der obligatorischen Schulstufen (ohne Lernende an Privatschulen). Die Schülerintensität ist seit 2014/15 leicht gestiegen, damals betrug sie im Kantonsdurchschnitt gut 10,5 Prozent. Die Zahl der Lernenden ist seither also stärker gewachsen als die ständige Wohnbevölkerung.
Gewachsen ist die Schülerintensität in der Stadt und Agglomeration Luzern sowie dem Unteren Wiggertal und in der Region Willisau. In den Regionen Sursee/Sempachersee, Michelsamt/Surental und Seetal haben sich die Werte für die Schülerintensität im Vergleich zum Schuljahr 2014/15 kaum verändert. Gesunken sind sie dagegen im Agglomerationsgürtel und den Regionen Rooterberg/Rigi, Entlebuch sowie Rottal/Wolhusen.
Aber auch innerhalb der Regionen unterscheidet sich die Schülerintensität von Gemeinde zu Gemeinde: In bevölkerungsreichen Gemeinden, vor allem wenn dort zugleich ein höherer Anteil an älteren Menschen lebt, ist die Schülerintensität in der Regel geringer als in anderen Gemeinden. Die höchste Schülerintensität weisen für das Schuljahr 2022/23 die Gemeinden Schlierbach (15,8%), Geuensee (14,4%), Schongau und Schötz (je 13,7%) aus, die tiefsten die Gemeinden Weggis (7,2%), Vitznau (8,1%) und Eich (8,4%).
Deutlichste Zunahme der Lernendenzahlen an Kindergärten und Basisstufen
Am deutlichsten zugenommen haben von 2014/15 bis 2023/24 die Lernendenzahlen an den Kindergärten und der Basisstufe (+34%). Seit dem Schuljahr 2016/17 verfügen alle Luzerner Gemeinden über ein zweijähriges Kindergartenangebot oder eine Basisstufe. Neben den demografiebedingten Effekten begünstigt diese Angebotserweiterung das Wachstum der Lernendenzahl auf dieser Stufe.
Im Schuljahr 2023/24 wurden von den gut 9'000 Lernenden der ersten beiden Schuljahre auf der Primarstufe rund 1'100 Kinder in einem Basisstufenmodell unterrichtet (12%). Im Schuljahr 2014/15 hatte der Anteil der Basisstufe noch knapp 9 Prozent betragen, seit Schuljahr 2020/21 liegt der Anteil bei 12 Prozent.
Ebenfalls deutlich mehr Schülerinnen und Schüler sind auf der Primarstufe zu zählen (+13%). Seit dem Schuljahr 2014/15 nahm die Zahl der Lernenden auf dieser Stufe jährlich zu. Auf der Sekundarstufe nahm die Zahl der Lernenden bis im Schuljahr 2017/18 leicht ab. Seit dem Schuljahr 2018/19 ist wieder eine leichte Zunahme zu verzeichnen, so dass die Zahl der Lernenden aktuell etwas über dem Niveau des Schuljahrs 2014/15 liegt (+2%).
Deutlich mehr Lernende mit nichtdeutscher Erstsprache
Der Anteil nicht deutschsprachig aufwachsender Lernender auf der Primarstufe hat im vergangenen Jahrzehnt deutlich zugenommen: Im Schuljahr 2014/15 war Deutsch für 25 Prozent der Lernenden nicht die Sprache, die sie als erstes gelernt hatten (Erstsprache). Im Schuljahr 2023/24 war dies für 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Fall.
Die Gemeinden des Kantons Luzern unterscheiden sich stark bezüglich des Anteils fremdsprachiger Lernender. In einigen Gemeinden ist der überwiegende Teil der Schülerinnen und Schüler deutschsprachig, in anderen Gemeinden sind die mehrsprachig aufwachsenden Lernenden in der Mehrheit. In den letzten Jahren deutlich zugenommen hat der Anteil fremdsprachiger Lernender zum Beispiel in Sursee, Reiden oder Willisau.
Kinder mit Deutsch als Zweitsprache sind im Schulalltag besonders gefordert und benötigen gegebenenfalls zusätzliche Unterstützung. Gemeinden mit einer sprachlich heterogenen Bevölkerung stehen zusätzlichen pädagogischen Herausforderungen sowie einem grösseren Ressourcenbedarf gegenüber.
Neue Höchstbestände auf der obligatorischen Schulstufe erwartet
Gemäss den LUSTAT-Bildungsszenarien (vgl. Bildungsindikator Bildungsszenarien) wird die Zahl der Lernenden weiter zunehmen. Grund dafür ist hauptsächlich die demografische Entwicklung (vgl. Kap. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen).
Im Schuljahr 2002/03 besuchten knapp 49'000 Lernende eine Regelklasse der obligatorischen Schulstufen (ohne Lernende an Sonderschulen). Dieser Höchstbestand wird voraussichtlich ab dem Schuljahr 2028/29 übertroffen. Die neuen Höchststände dürften Auswirkungen auf den Bedarf an Personal und Infrastruktur haben (Vgl. Kap. Lehrkräftebedarf).
Die Zahl der Kinder wird voraussichtlich in den Schuljahren 2030/31 für den Kindergarten bzw. 2032/33 für die Basisstufe einen vorläufigen Höchststand erreichen. In den darauffolgenden Jahren bis zum Ende der Modellrechnung 2037 ist ein leichter Rückgang der Bestände im Kindergarten und in der Basisstufe zu erwarten. Auf der Primarstufe steigt die Lernendenzahl gemäss Modellrechnung bis ins Schuljahr 2035/36 auf rund 28'100 Schülerinnen und Schüler an. Danach dürften auch diese Bestände bis ins Jahr 2037 wieder leicht abnehmen.
An den Luzerner Sekundarschulen und Gymnasien werden gemäss den Bildungsszenarien bis ins Schuljahr 2037/38 gut 15'200 Lernende erwartet. Die Lernendenzahlen steigen damit voraussichtlich über das Niveau der Schuljahre 2006/07 bis 2009/10, in denen Höchststände von jeweils rund 14'600 Lernenden erreicht wurden.
Bildungsszenarien zeigen auf, wie sich die Lernendenzahlen unter Berücksichtigung von bestimmten Modellannahmen zukünftig entwickeln werden. Hauptsächliche Einflussfaktoren für die Lernendenzahlen sind strukturelle und institutionelle Veränderungen sowie die demografische Entwicklung (vgl. WA Bildungsszenarien 2023–2037 und WA Bevölkerungsszenarien 2023–2050).
Bildungsumfeld
Das Bildungsumfeld auf den obligatorischen Schulstufen hat sich im vergangenen Jahrzehnt stark gewandelt. Eine wichtige Entwicklung stellte die schweizweite Einführung des integrativen Schulmodells dar: Wenn immer möglich werden heute alle Kinder gemeinsam in einer Regelklasse unterrichtet. Je nach Bedürfnissen erhalten die Schülerinnen und Schüler zusätzliche Förderung. Ebenfalls an Bedeutung gewonnen haben im vergangenen Jahrzehnt schul- und familienergänzende Tagesstrukturen.
Integrative Förderung
Im Rahmen der Integrativen Förderung (IF) werden Lernende und Lehrpersonen im Rahmen der Regelklasse unterstützt. Die Massnahmen der IF können zum Beispiel den Förderunterricht für einzelne Lernende oder Gruppen von Lernenden beinhalten. Sie richten sich unter anderem an Lernende mit Lernschwierigkeiten, Lernende mit besonderen schulischen Begabungen oder mehrsprachig aufwachsende Kinder.
Die Fachpersonen der Schuldienste unterstützen Lehrpersonen, Eltern und Lernende bei der Gestaltung des Schulalltags sowie bei spezifischen Bedürfnissen.
Die Schulpsychologischen Dienste und die Schulsozialarbeit unterstützen Kinder und Jugendliche bei den unterschiedlichsten Lern- und Verhaltensproblemen. Logopädinnen und Logopäden unterstützen Kinder beim Erlernen der Sprache, zum Beispiel bei Problemen mit dem Sprachverständnis, dem Wortschatz oder der Laut-, Wort- und Satzbildung. Die Psychomotorik befasst sich unter anderem mit Fragen rund um die Bewegungs- und Wahrnehmungsentwicklung sowie die motorisch-koordinativen Fähigkeiten.
Lernziele können individuell angepasst werden
Leistet ein Kind trotz individueller Förderung über längere Zeit deutlich mehr oder deutlich weniger als im Lehrplan vorgesehen ist, können die Lernziele individuell angepasst werden. Individuelle Lernziele (ILZ) können ein einzelnes Fach oder mehrere Fächer betreffen und werden periodisch überprüft.
Im Schuljahr 2023/24 wurden rund 1'500 bzw. 4,2 Prozent aller Lernenden der Primar- und Sekundarschulen in mindestens einem Fach nach individuellen Lernzielen unterrichtet (ohne Lernende mit Sonderschulmassnahme). Für gut drei Viertel betrafen die Lehrplananpassungen ein oder zwei Fächer, für knapp ein Viertel drei und mehr Fächer. Auf der Primarstufe lag der Anteil der Lernenden mit individuellen Lernzielen bei 3,5 Prozent, an den Sekundarschulen bei 6 Prozent.
Bei 1 von 5 Schulkindern wird Deutsch als Zweitsprache gefördert
Ausreichende Deutschkenntnisse sind wichtige Voraussetzungen für den Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen. Mit den Angeboten der frühen Sprachförderung werden nicht deutschsprachig aufwachsende Kinder bereits vor Beginn der obligatorischen Schulzeit gefördert (vgl. Kap. vorschulische Bildungs- und Betreuungsangebote). Nach ihrer Einschulung besuchen Lernende, die noch nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, den Unterricht in "Deutsch als Zweitsprache" (DaZ) und/oder werden individuell gefördert und unterstützt.
Entsprechend der Zunahme des Anteils der Lernenden mit nichtdeutscher Erstsprache nimmt auch der Anteil Schülerinnen und Schüler zu, die in "Deutsch als Zweitsprache" gefördert werden. Im Schuljahr 2023/24 waren dies an den öffentlichen Regelschulen rund 9'750 Lernende. Dies entspricht einem Anteil von 22 Prozent. Der Anteil Lernender mit DaZ-Förderung nimmt mit zunehmendem Alter der Schülerinnen und Schüler kontinuierlich ab: Im Kindergarten betrug er 37 Prozent, in der Primarschule 24 Prozent und in der Sekundarschule 8 Prozent. Je nach Zusammensetzung ihrer Schülerschaft weisen die Gemeinden sehr unterschiedliche DaZ-Anteile auf (vgl. DVS Zahlenspiegel 2023/24).
Knapp 100 Kinder und Jugendliche in DaZ-Aufnahmeklassen
Neu zugezogene Lernende mit keinen oder sehr geringen Deutschkenntnissen können auch in speziellen DaZ-Aufnahmeklassen unterrichtet werden. Die Lernenden erhalten Unterricht in allen Fächern und werden auf den Wechsel in eine Regelklasse vorbereitet. Im Schuljahr 2023/24 besuchten knapp 100 Kinder und Jugendliche eine Aufnahmeklasse in Emmen, Kriens oder Luzern.
Integrative und Separative Sonderschulung
Kinder und Jugendliche mit einer geistigen, körperlichen, sprachlichen Behinderung oder mit einer Hör-, Seh- oder Verhaltensbehinderung werden mit sonderpädagogischen Massnahmen gefördert und unterstützt. Diese Sonderschulung erfolgt wenn immer möglich integrativ, das heisst innerhalb der Regelklasse.
Lernende, die aufgrund ihrer Behinderung in der Regelschule nicht genügend gefördert werden können oder starke Verhaltensschwierigkeiten aufweisen, besuchen stufenübergreifende Sonderschulen.
Sonderpädagogische Massnahmen werden aufgrund einer Abklärung beim schulpsychologischen Dienst oder beim Fachdienst für Sonderschulabklärungen der Dienststelle Volksschulbildung verfügt. Der häufigste Grund für sonderpädagogische Massnahmen sind Probleme im Bereich Verhalten und sozio-emotionale Entwicklung. Von den Lernenden mit Sonderschulmassnahme wird im Schuljahr 2023/24 knapp die Hälfte in diesem Bereich unterstützt (47%). An zweiter und dritter Stelle stehen Schwierigkeiten bei der kognitiven Entwicklung im schulischen Bereich (19%) und in der Sprachentwicklung (11%).
Zunahme der sonderpädagogischen Massnahmen
Rund 1'800 Lernende mit Wohnort im Kanton Luzern wurden im Schuljahr 2023/24 mit sonderpädagogischen Massnahmen unterstützt. Knapp die Hälfte von ihnen wurde integrativ beschult, die übrigen Lernenden besuchten eine Sonderschule (49 vs. 51%). Der Anteil der Lernenden mit Integrativer Sonderschulung stieg seit Schuljahr 2014/15 kontinuierlich an (vgl. Bildungsindikator Sonderschulung innerhalb der Regelklasse).
Trotz des rückläufigen Anteils der Separativen Sonderschulung ist die Anzahl der Lernenden in Sonderschulen aktuell ähnlich hoch wie vor zehn Jahren. Die sonderpädagogischen Massnahmen haben insgesamt zugenommen: Im Schuljahr 2014/15 wurden gut 1'300 Lernende mit sonderpädagogischen Massnahmen unterstützt, im Schuljahr 2023/24 waren es 35 Prozent mehr. In den letzten fünf Jahren haben vor allem die integrativen sonderpädagogischen Massnahmen im Bereich Verhalten und sozio-emotionale Entwicklung eine Zunahme erfahren (vgl. DVS Zahlenspiegel 2023/24).
Schul- und familienergänzende Tagesstrukturen
Im vergangenen Jahrzehnt gewannen schul- und familienergänzende Tagesstrukturen an Bedeutung. Ab dem Eintritt in die Volksschule stellen die Tagesstrukturen die Betreuung der Lernenden an Schultagen sicher und unterstützen damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Nutzung von Tagesstrukturen nimmt stetig zu
Seit dem Schuljahr 2012/13 sind die Gemeinden des Kantons Luzern verpflichtet, ein bedarfsgerechtes Angebot an Tagesstrukturen anzubieten. Die verschiedenen Betreuungselemente umfassen die Zeit morgens vor dem Unterrichtsbeginn, die Mittagszeit sowie abends nach Unterrichtsende (inkl. unterrichtsfreie Nachmittage).
In den letzten Jahren nahm die Nutzung der Tagesstrukturen stetig zu. Im Schuljahr 2023/24 kamen auf 1'000 Lernende auf der Kindergarten- und Primarstufe der öffentlichen Schulen rund 1'945 wöchentlich geleistete Betreuungsstunden. Das waren 30 Prozent mehr als im Schuljahr 2019/20 (vgl. Bildungsindikator Tagesstrukturen).
Im Rahmen der kantonalen Bevölkerungsbefragung 2023 konnten die Befragten verschiedene Angebote, darunter auch die schulergänzende Kinderbetreuung beurteilen. 70 Prozent der Luzerner Bevölkerung halten schul- und familienergänzende Betreuungsangebote für wichtig. Mit dem schulergänzenden Betreuungsangebot waren 57 Prozent zufrieden (vgl. Webartikel Bevölkerungsbefragung 2023).
Privatschulbesuch
Die Privatschulen und der Privatunterricht (Homeschooling) ergänzen das öffentliche Schul- und Bildungsangebot auf obligatorischer Schulstufe. Beide Angebote sind bewilligungspflichtig und unterstehen der Aufsicht des Bildungs- und Kulturdepartements.
Lernendenzahl an Privatschulen steigt wieder an
Per Schuljahr 2023/24 verfügten insgesamt 21 private Schulen über eine kantonale Bewilligung. Von den Kindern und Jugendlichen aller Regelklassen im Kanton Luzern besuchten rund 860 eine dieser Privatschulen (ohne Kurzzeitgymnasium St. Klemens). Das entsprach rund 1,8 Prozent aller Lernenden der obligatorischen Regelschulen. In den letzten zehn Jahren zeigt die Privatschulquote einen u-förmigen Verlauf: Bis ins Schuljahr 2017/18 nahm sie ab und stieg seither wieder kontinuierlich an, sodass aktuell wieder der gleiche Privatschulanteil wie im Schuljahr 2014/15 erreicht wird (1,8%).
Zusätzlich zu den Kindern an Privatschulen erhielten rund 150 Lernende Privatunterricht (Homeschooling). Die Zahl der privat unterrichteten Kinder nahm im Kanton Luzern in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu und erreichte im Schuljahr 2022/23 mit 170 Kindern einen Höchststand (vgl. Bildungsindikator Privatschulbesuch). Im Schuljahr 2023/24 wurden erstmals wieder weniger Kinder privat unterrichtet. Dies dürfte mit einer Anpassung der Verordnung zum Volksschulbildungsgesetz zusammenhängen: Seit August 2023 müssen Personen, welche Privatunterricht erteilen, über eine stufen- und fachgemässe Ausbildung verfügen.
Keine höhere Privatschulquote mehr bei ausländischen Lernenden
Im interkantonalen Vergleich ist ein Zusammenhang zwischen dem Anteil tertiär gebildeter Migrantinnen und Migranten und dem Anteil Kinder und Jugendlicher in Privatschulen zu beobachten (SKBF 2023: 49f.). Gesamtschweizerisch liegt die Privatschulquote der ausländischen Kinder und Jugendlichen deutlich über derjenigen der Schweizer Kinder.
Auch im Kanton Luzern war dies vor zehn Jahren noch der Fall gewesen: Im Schuljahr 2014/15 lag die Privatschulquote bei Kindern mit ausländischer Nationalität deutlich über derjenigen der Kinder mit Schweizer Nationalität (2,7% vs. 1,6%). Bis im Schuljahr 2018/19 glichen sich die Quoten jedoch an (1,5%). Seither stieg die Privatschulquote der ausländischen Lernenden weniger stark an und lag im Schuljahr 2023/24 etwas unter derjenigen der Schweizer Lernenden (1,6% vs. 1,8%).
Übergänge
Übergänge im Bildungssystem sind entscheidende Weichenstellungen, die Schullaufbahnen prägen und die individuelle Biografie der Heranwachsenden massgeblich beeinflussen. Im Folgenden richtet sich der Fokus auf die Übergänge während der obligatorischen Schulzeit – vom Schuleintritt bis zum Wechsel auf die Sekundarstufe I.
Hohe Flexibilität bei der Einschulung
Seit dem Schuljahr 2016/17 verfügen alle Luzerner Gemeinden über ein zweijähriges Kindergartenangebot oder eine Basisstufe. Erreichen Kinder zum Stichtag Ende Juli das gesetzliche Alter, treten sie in das obligatorische Kindergartenjahr ein. Ein zweites Kindergartenjahr ist freiwillig und wird in der Regel vor dem obligatorischen Jahr besucht, der Besuch kann jedoch auch im Anschluss an das obligatorische Jahr erfolgen.
Im Vergleich zu vielen anderen Kantonen besteht im Kanton Luzern eine hohe Flexibilität beim Zeitpunkt der Einschulung sowie bei der Dauer des Verbleibs auf der Kindergartenstufe. Die Entscheidung, wann ein Kind in den Kindergarten eintritt und wie lange es diesen besucht, liegt grundsätzlich bei den Eltern. Im Vergleich zu anderen Kantonen sind die Bildungsverläufe im Kanton Luzern bis zum Eintritt in die Primarschule heterogener (SKBF 2023: S. 60–62).
Kinder, welche am Stichtag Ende Juli fünf Jahre alt sind, besuchen ab August des gleichen Jahres obligatorisch den Kindergarten oder die Basisstufe. Jüngere Kinder können den Kindergarten oder die Basisstufe besuchen, sofern sie die notwendigen Anforderungen (z.B. in Bezug auf den Schulweg) erfüllen. In das freiwillige Kindergartenjahr können die Kinder auch halbjährlich, d.h. im Februar eintreten. Weiter besteht die Möglichkeit, die Rückstellung des Kindes zu beantragen und den obligatorischen Eintritt um ein Jahr zu verschieben.
Der Stichtag für das Eintrittsalter in den obligatorischen Kindergarten wurde per Schuljahr 2016/17 um drei Monate vorverlegt. So soll sichergestellt werden, dass die Lernenden nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit mindestens 15 Jahre alt sind und die Altersbedingung des Arbeitsgesetzes für eine Berufslehre erfüllen.
Mehrheit der Kinder besucht zwei Kindergartenjahre
Die Hälfte der Kinder, die im Herbst 2023 das erste Jahr den Kindergarten oder die Basisstufe besuchten, waren per Ende Juli des gleichen Jahres fünf Jahre alt (50%). Fast ebenso viele Kinder waren per Ende Juli vier Jahre alt (48%). Die übrigen Kinder waren sechsjährig (2%); in Ausnahmefällen auch drei- oder siebenjährig.
Seit dem Schuljahr 2014/15 hat sich der Anteil der Kinder, die in ihrem ersten Kindergartenjahr vierjährig sind, um 8 Prozentpunkte erhöht. Im Gegenzug ist der Anteil der Kinder, die am Stichtag fünf Jahre alt waren, kleiner geworden (–8 Prozentpunkte). Das Durchschnittsalter der Lernenden im ersten Kindergarten- oder Basisstufenjahr ging in den letzten zehn Jahren leicht zurück, nämlich von 4,6 auf 4,5 Jahre.
Mit der flächendeckenden Einführung des zweijährigen Kindergartens oder der Basisstufe hat der Anteil Kinder mit zweijährigem Kindergartenbesuch deutlich zugenommen. Unter den Luzerner Kindern, die im Schuljahr 2015/16 das erste Primarschuljahr besucht hatten, hatte noch weniger als die Hälfte den Kindergarten länger als ein Jahr besucht (46%). In der ersten Primarschulklasse des Schuljahrs 2023/24 betrug dieser Anteil rund zwei Drittel (66%).
3 von 10 Lernenden sind in erster Klasse siebenjährig
In Gemeinden mit Kindergartenmodell treten die Kinder nach einem oder zwei Kindergartenjahren in die 1. Klasse der Primarschule ein. In Gemeinden mit Basisstufenmodell bilden der zweijährige Kindergarten und die ersten zwei Jahre der Primarschule eine Einheit. Der Übertritt in die Primarschule erfolgt fliessend und der Unterricht wird weiterhin in flexiblen, altersgemischten Lerngruppen erteilt.
70 Prozent der Kinder, die im Herbst 2023/24 das erste Primarschuljahr besuchten, waren per Ende Juli des gleichen Jahres sechs Jahre alt gewesen, 29 Prozent sieben Jahre alt. Seit dem Schuljahr 2014/15 erhöhte sich der Anteil der siebenjährigen Kinder im ersten Primarschuljahr deutlich (+10 Prozentpunkte). Hingegen besuchen fünfjährige Kinder aufgrund der Vorverlegung des Stichtags nur noch in Ausnahmefällen die Primarschule. Im Schuljahr 2014/15 hatte deren Anteil noch 9 Prozent betragen. Der Anteil der sechsjährigen Kinder blieb im betrachteten Zeitraum beinahe gleich gross (2014/15: 72%). Das Durchschnittsalter der Lernenden in der 1. Klasse per Ende Juli stieg in den letzten zehn Jahren von 6,1 auf 6,3 Jahre.
Rund 2 von 10 Lernenden wechseln nach der Primarschule ans Gymnasium
Als dritte Phase der obligatorischen Schulzeit folgt nach der Primarstufe die dreijährige Sekundarstufe I. Nach der 6. Klasse der Primarschule wechseln die Lernenden entweder in die Sekundarschule oder ans Langzeitgymnasium.
Von den Luzerner Schülerinnen und Schülern, die im Schuljahr 2022/23 die 6. Primarklasse besucht hatten, traten im darauffolgenden Schuljahr 79 Prozent in eine Sekundarschule und 18 Prozent in ein Langzeitgymnasium im Kanton Luzern ein. Die Eintrittsquote ins Langzeitgymnasium nahm zwischen den Schuljahren 2014/15 und 2019/20 tendenziell zu, seither ging sie wieder leicht zurück (vgl. Bildungsindikator Übertritt auf Sekundarstufe I).
Der Kanton Luzern führt die Gymnasialbildung sowohl als Langzeitgymnasium (6 Jahre) als auch als Kurzzeitgymnasium (4 oder 5 Jahre). Der Übertritt ins Kurzzeitgymnasium erfolgt nach der 2. oder nach der 3. Klasse der Sekundarschule (Niveau A). Im Kanton Luzern werden keine Aufnahmeprüfungen durchgeführt, sondern die Aufnahme ans Gymnasium findet aufgrund der Schulnoten und weiterer Kriterien statt. Das Kurzzeitgymnasium wird im Kapitel "Lernende der Sekundarstufe II" vertieft analysiert.
Integriertes Sekundarschulmodell gewinnt an Bedeutung
Die Lernenden, die in die Sekundarschule eintreten, werden je nach Schulmodell verschiedenen Niveaus zugeteilt (vgl. DVS: Modelle Sekundarschule). Bei der Niveauzuteilung wird zwischen den Niveaufächern Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik und den Stammklassenfächern "Natur, Räume und Gesellschaften" sowie "Natur und Technik" unterschieden. Für die übrigen Fächer wird keine Niveauzuteilung vorgenommen.
In der getrennten Sekundarschule erfolgt die Zuteilung der Lernenden zu einem Niveau umfassend: Alle Niveau- und Stammklassenfächer werden in nach Niveau getrennten Klassen unterrichtet. Im kooperativen und im integrierten Modell können die Lernenden für jedes Niveaufach diejenige Klasse besuchen, die ihrem Lernstand entspricht. Im kooperativen Modell werden die Lernenden für die Stammklassenfächer zusätzlich dem Niveau A/B oder dem Niveau C zugeteilt. Im integrierten Modell werden alle Lernenden mit Ausnahme der Niveaufächer in derselben Klasse unterrichtet.
Im Schuljahr 2023/24 besuchten von den rund 10'200 Schülerinnen und Schülern der Sekundarschule 41 Prozent den Unterricht im integrierten Schulmodell. Der Anteil der Lernenden in der integrierten Sekundarschule stieg im vergangenen Jahrzehnt stark an. Aktuell organisieren 24 Luzerner Gemeinden ihre Sekundarschule ausschliesslich gemäss dem integrierten Modell.
Seit Schuljahr 2021/22 haben Lernende die Möglichkeit, bereits in der letzten Klasse der Sekundarschule mit der Berufsmaturität zu beginnen. Das Angebot richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die eine Berufslehre im technischen oder gewerblich-industriellen Bereich absolvieren möchten. Ziel der BM Sek+ ist eine Entlastung der Lehrbetriebe und Lernenden während der Lehre. Die Lernenden starten im ersten Lehrjahr direkt ins zweite Jahr der Berufsmaturitätsschule und können dadurch insgesamt mehr Zeit im Lehrbetrieb verbringen. In den Schuljahren 2012/22 bis 2023/24 besuchten jeweils rund 30 Lernende den BM Sek+ Unterricht.
Repetitionen werden seltener
Werden die Lernziele eines Schuljahres nicht erreicht, ist eine Repetition möglich. In der Vergangenheit waren die Repetitionsquoten im Kanton Luzern vergleichsweise hoch: So wiederholten die Lernenden, die im Schuljahr 2013/14 im Kanton Luzern eingeschult worden waren, häufiger ein Schuljahr als das in anderen Kantonen der Fall war (vgl. SKBF 2023: 76f.). Mit den zunehmend durchlässigen Schulmodellen sowie den Möglichkeiten der individuellen Förderung und der Anpassung von Lernzielen gehen die Repetitionen auch im Kanton Luzern zurück.
Während die Repetierendenquote auf Primarstufe im Schuljahr 2014/15 noch bei 1,9 Prozent gelegen hatte, sank sie bis im Schuljahr 2023/24 auf 1,3 Prozent. Wie in den vergangenen Jahren wurde die 2. Klasse am häufigsten wiederholt, gefolgt von der 1. Klasse. Lernende mit nichtdeutscher Erstsprache wiederholten häufiger ein Schuljahr als Lernende mit Deutsch als Erstsprache (2023/24: 1,8% vs. 1,1%); zwischen Mädchen und Jungen bestanden kaum Unterschiede.
Auch in der Sekundarschule verloren die Repetitionen an Bedeutung. Die Repetierendenquote über alle drei Schuljahre der Sekundarschule hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als halbiert (2014/15: 1,4%; 2023/24: 0,6%). Das dürfte mit der erhöhten Durchlässigkeit der integrierten und kooperativen Sekundarschulmodelle zusammenhängen.
Bildungschancen
Die Bildungsverläufe von Kindern und Jugendlichen werden von einer Vielzahl von Faktoren geprägt. Zum Beispiel kann der sozioökonomische Hintergrund der Familie einen erheblichen Einfluss auf den Bildungserfolg oder die Entscheidungen im Hinblick auf den Bildungsweg eines Kindes haben. Die Ausgangslage von Kindern mit Migrationshintergrund kann aufgrund von Mehrsprachigkeit und/oder kultureller Unterschiede besonders herausfordernd sein. Weiter beeinflussen individuelle Interessen und gesellschaftliche Erwartungshaltungen, zum Beispiel aufgrund des Geschlechts, den Bildungserfolg. Auch der Wohnort und das regionale Bildungsangebot können individuelle Bildungslaufbahnen entscheidend prägen.
Schuleintritt
Zu den ersten Entscheidungen der Bildungslaufbahn gehören der Kindergarteneintritt, die Dauer des Kindergartenbesuchs und die Einschulung in die Primarstufe. Kinder können von einem frühen Kindergarteneintritt profitieren, indem sie bereits vor der Einschulung darin unterstützt werden, Kompetenzen zu erwerben und zu vertiefen. Das gilt vor allem auch für Kinder, die in ihrem sozialen Umfeld nicht ausschliesslich Deutsch sprechen.
Fremdsprachige Kinder besuchen häufiger mehrere Kindergartenjahre
Das freiwillige Kindergartenjahr kann ein Teil des Angebots der frühen Sprachförderung sein. Diese Angebote sollen sicherstellen, dass alle Kinder bereits vor Beginn der obligatorischen Schulzeit über genügend Deutschkenntnisse verfügen (vgl. Kap. Vorschulische Bildungs- und Betreuungsangebote).
Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache treten tendenziell früher in den Kindergarten ein: Im Schuljahr 2023/24 waren 65 Prozent der fremdsprachigen Kinder im ersten Kindergartenjahr vier Jahre alt; bei den deutschsprachig aufwachsenden Kindern waren es 40 Prozent. Fremdsprachige Kinder besuchen den Kindergarten auch häufiger mehr als ein Jahr. Von den Erstklässlerinnen und -klässlern des Schuljahrs 2023/24 hatten 66 Prozent der fremdsprachigen Lernenden zwei Kindergartenjahre und 7 Prozent drei Kindergartenjahre besucht. Bei den deutschsprachig aufwachsenden Lernenden waren es hingegen 61 Prozent und 1 Prozent. Beim Eintritt in die 1. Klasse unterscheidet sich das Durchschnittsalter von fremdsprachigen und deutschsprachigen Lernenden kaum noch.
Mädchen werden tendenziell früher eingeschult
Mädchen treten in der Tendenz etwas früher in den Kindergarten ein als Jungen. Im Schuljahr 2023/24 waren per Stichtag 51 Prozent der neu eingetretenen Mädchen vierjährig, bei den Jungen waren es 45 Prozent. Diese Unterschiede beim Eintrittsalter nach Geschlecht hatten bereits im Schuljahr 2014/15 bestanden: Damals waren 43 Prozent der Mädchen und 38 Prozent der Jungen im ersten Kindergartenjahr per Stichtag Ende Juli vierjährig.
Bezüglich der Verweildauer im Kindergarten sind die Unterschiede nach Geschlecht kleiner geworden. Von den Erstklässlerinnen und -klässlern des Schuljahres 2015/16 hatten 52 Prozent der Mädchen und 45 Prozent der Jungen den Kindergarten nur ein Jahr besucht; seit Schuljahr 2020/21 betrug dieser Unterschied jeweils nur noch zwischen 0 und 2 Prozentpunkte.
Mädchen wechseln tendenziell auch etwas früher in die Primarschule. Von den Erstklässlerinnen und -klässlern des Schuljahres 2023/24 waren 74 Prozent der Mädchen per Stichtag höchstens 6 Jahre alt, bei den Jungen waren es 67 Prozent. Die Differenz bewegte sich in den vergangenen zehn Jahren immer zwischen 5 und 10 Prozentpunkten.
Deutliche regionale Unterschiede beim Eintrittsalter in den Kindergarten
Werden die Luzerner Regionen miteinander verglichen, zeigen sich deutliche Unterschiede beim durchschnittlichen Eintrittsalter in den Kindergarten. Tendenziell werden die Kinder in ländlichen Gemeinden eher später eingeschult als die Kinder in der Stadt oder Agglomeration. Neben der soziodemografischen Zusammensetzung der Bevölkerung dürften auch weitere Aspekte wie beispielsweise die Länge der Schulwege eine Rolle spielen.
In der Stadt Luzern, dem Agglomerationskern und der Region Rooterberg/Rigi lag das durchschnittliche Eintrittsalter per Stichtag im Schuljahr 2023/24 bei 4,4 Jahren. Vergleichsweise später traten die Kinder in den Regionen Willisau (4,7 Jahre), Rottal-Wolhusen (4,8 Jahre) sowie Entlebuch (4,9 Jahre) in den Kindergarten ein. In den Regionen mit höherem Eintrittsalter besuchten die Kinder häufiger nur ein Kindergartenjahr: In der Region Entlebuch war das bei rund der Hälfte der Erstklässlerinnen und Erstklässler des Schuljahres 2023/24 der Fall. Der entsprechende Anteil für diesen Jahrgang betrug in der Stadt und im Agglomerationskern Luzern 20 Prozent.
Bis zum Eintritt in die 1. Primarklasse werden die regionalen Altersunterschiede aufgrund der unterschiedlichen Besuchsdauer etwas abgeschwächt. Der Altersdurchschnitt der Erstklässlerinnen und Erstklässler variierte im Schuljahr 2023/24 zwischen gut 6,2 Jahren (Stadt, Agglomerationskern, Rooterberg/Rigi, Sursee/Sempachersee) und knapp 6,5 Jahren (Rottal-Wolhusen).
Zusammenhang zwischen Einschulungsalter und schulischen Leistungen
Wegen der flexiblen Einschulungsmöglichkeiten kann die Altersspanne innerhalb einer Klasse relativ gross sein. Aber auch unter den regulär eingeschulten Kindern variiert das Alter im Umfang eines Jahrs: Liegt der Geburtstag eines Kindes kurz vor dem Stichtag der Einschulung, gehört das Kind zu den Jüngsten in der Klasse. Kinder, deren Geburtstag kurz nach dem Stichtag liegt, sind knapp ein Jahr älter als ihre jüngsten regulär eingeschulten Mitschülerinnen und -mitschüler.
Im Rahmen des Bildungsberichts Schweiz wurde analysiert, ob diese Unterschiede im Einschulungsalter mit den späteren schulischen Leistungen von Kindern zusammenhängen. Liegt der Geburtstag eines Kindes kurz vor dem Stichtag der Einschulung, erbringt das Kind tendenziell geringere Leseleistungen am Ende der Primarschulzeit (SKBF 2023: 78 f.). Es ist also möglich, dass Kinder – gemessen an den Leseleistungen am Ende der Primarschulzeit – Nachteile erfahren, wenn sie jünger eingeschult werden. Es zeigt sich, dass dieser Alterseffekt vor allem für Mädchen eine Rolle spielt, da Jungen tendenziell eher ein Jahr später eingeschult werden, wenn ihr Geburtstag kurz vor dem Stichtag liegt. Ob ein entsprechender Effekt auch für den Kanton Luzern vorhanden ist, bleibt offen.
Übertritte in die Sekundarstufe I
Beim Übertritt von der Primarstufe auf die Sekundarstufe werden die Lernenden im Kanton Luzern einem Leistungsniveau zugeteilt. Nachdem sie die Primarschule in einem leistungsheterogenen Schulsystem durchlaufen haben, werden sie für die Sekundarstufe also in leistungshomogenere Gruppen aufgeteilt.
Homogenere Lerngruppen haben einerseits den Vorteil, dass sich in ihrem Rahmen Inhalte leichter vermitteln lassen, da Unterrichtsart und Unterrichtstempo weniger stark auf unterschiedliche Voraussetzungen abgestimmt werden müssen. Anderseits kann die Selektion für weniger leistungsstarke Schülerinnen und Schüler nachteilig sein, da ihnen die Orientierung an leistungsstärkeren Mitschülerinnen und -schülern nicht mehr möglich ist (vgl. SKBF 2023: 88f.).
Fehlzuteilungen können zudem zu Über- oder Unterforderung der Lernenden führen. Anpassungen der Leistungsniveaus sind je nach Modell jährlich oder semesterweise möglich, das integrierte Modell bietet dabei die höchste Flexibilität (vgl. DVS: Modelle Sekundarschule).
Es zeigen sich geschlechterspezifische Unterschiede bei der Zuteilung in die Anforderungsniveaus
Mädchen werden beim Übertritt von der Primarschule in die Sekundarschule nicht nur häufiger den höheren Leistungsniveaus zugeteilt als die Jungen, sie treten auch tendenziell häufiger ins Langzeitgymnasium ein. Im Schuljahr 2023/24 starteten 20 Prozent der Mädchen und 17 Prozent der Jungen nach der 6. Klasse mit dem Langzeitgymnasium (inkl. Übertritte in ausserkantonale Gymnasien).
Bei der Zuteilung zu den Niveaufächern der Sekundarschule zeigen sich ebenfalls geschlechtsspezifische Unterschiede. So wurden die Mädchen in den letzten Jahren in der Sekundarschule häufiger in den Niveaufächern Deutsch, Französisch und Englisch dem Niveau A oder B zugeteilt, Jungen dagegen häufiger im Niveaufach Mathematik. Unter den Jugendlichen, die per Schuljahr 2023/24 in eine Sekundarschule wechselten, wurden beispielsweise 63 Prozent der Mädchen und 67 Prozent der Jungen im Fach Mathematik dem Niveau A oder B zugeteilt, im Fach Französisch war das hingegen bei 68 Prozent der Mädchen und 58 Prozent der Jungen der Fall.
Mehr als die Hälfte der Lernenden im Niveau C sind fremdsprachig
Bei der Zuteilung in die Stammklassen der getrennten und kooperativen Sekundarschulen zeigen sich Unterschiede nach Erstsprache der Lernenden. Fremdsprachige Lernende besuchen deutlich häufiger eine Stammklasse mit Niveau C als Lernende mit deutscher Erstsprache. Im Schuljahr 2023/24 waren in den Stammklassen mit Niveau C rund 60 Prozent der Lernenden fremdsprachig. In den Stammklassen mit Niveau A und/oder B betrug dieser Anteil 25 Prozent.
Auch der Anteil der Jugendlichen mit individuellen Lernzielen ist unter den fremdsprachigen Lernenden höher: Er betrug im Schuljahr 2023/24 knapp 10 Prozent, bei den Jugendlichen mit Deutsch als Erstsprache hingegen gut 4 Prozent.
Anteil der fremdsprachigen Lernenden in Gymnasien deutlich tiefer
Fremdsprachige Kinder werden deutlich seltener dem Gymnasium zugeteilt als Kinder mit Deutsch als Erstsprache. Im Schuljahr 2023/24 war der Anteil der fremdsprachigen Lernenden am Gymnasium (1. bis 3. Klasse Langzeitgymnasium und 1. Klasse Kurzzeitgymnasium) gut 17 Prozentpunkte tiefer als derjenige an den Sekundarschulen (16% vs. 33%). Diese Differenz hat sich im vergangenen Jahrzehnt nicht verringert (vgl. Bildungsindikator ungleiche Chancen aufgrund von Fremdsprachigkeit).
Lernende, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, werden bei Bedarf an den Gymnasien im Rahmen des DaZ-Unterrichts gefördert. Seit 2019 werden an der Kantonsschule Reussbühl zudem Schülerinnen und Schüler – insbesondere solche mit Migrationshintergrund – im Rahmen des Förderprogramms CHANCE KSR unterstützt. Bestandteile dieses Programms sind unter anderem ein individuelles Coaching, Förderkurse und betreute Lernlektionen. Eine Evaluation der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) kommt zum Schluss, dass das Programm die schulischen Erfolgschancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhöht (vgl. Lätsch/Scholian/Gavez 2024).
Im Bildungsbericht Schweiz wird die Zuteilung zu einem Schulmodell der Sekundarstufe I für die Kantone mit Langzeitgymnasium (AI, GL, GR, LU, NW, OW, SG, UR, ZG, ZH) nach sozialer Herkunft der Lernenden untersucht. Über alle diese Kantone betrachtet besteht ein Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und der Wahrscheinlichkeit, in ein Langzeitgymnasium einzutreten. Kinder mit vergleichbaren schulischen Leistungen können je nach sozialem Hintergrund doppelt so grosse Chancen haben, in ein Langzeitgymnasium überzutreten (SKBF 2023: 81).
Grosse regionale Unterschiede bei den Übertrittsquoten
Die Entscheidungen beim Übertritt auf die Sekundarstufe I können auch mit dem Wohnort der Lernenden und dem jeweiligen Bildungsangebot in der Region zusammenhängen. So weisen etwa die Regionen Stadt Luzern und Sursee/Sempachersee hohe Übertrittsquoten ins Langzeitgymnasium auf. In der Region Entlebuch, wo kein entsprechendes Angebot besteht, treten hingegen vergleichsweise wenig Lernende ins Langzeitgymnasium ein, dafür besucht ein grösserer Teil die höheren Anforderungsniveaus der Sekundarschule.
Auch innerhalb der Regionen unterscheiden sich die Übertrittsquoten ins Langzeitgymnasium zum Teil deutlich zwischen den Gemeinden. Diese Unterschiede dürften mit der jeweiligen sozioökonomischen Struktur der Bevölkerung zusammenhängen. Auch unterschiedliche Bildungspräferenzen, zum Beispiel hinsichtlich des Ansehens der beruflichen Grundbildung, dürften eine Rolle spielen.
Auch bei den Übertritten ins Kurzzeitgymnasium bestehen regionale Unterschiede
Der Weg ans Gymnasium steht im Kanton Luzern auch beim Besuch der Sekundarschule offen: Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, können Lernende nach der 2. oder 3. Klasse der Sekundarschule ans Kurzzeitgymnasium wechseln.
Per Schuljahr 2023/24 traten rund 90 Lernende aus der 2. Sekundarschulklasse in ein Kurzzeitgymnasium über. Das entsprach 2,7 Prozent aller Lernenden der 2. Sekundarschulklassen des Schuljahres 2022/23. Der Anteil der Übertritte ans Kurzzeitgymnasium nach der 2. Sekundarschulklasse hatte sich seit dem Schuljahr 2014/15 jeweils zwischen 2,2 und 2,8 Prozent bewegt. Die höchste Übertrittsquote wies die Region Entlebuch auf: Hier lag die Quote der Übertritte nach der 2. Sekundarschulklasse in den vergangenen Jahren jeweils bei über 10 Prozent. Die Kantonsschule Schüpfheim bietet ihre Ausbildungen ausschliesslich im Kurzzeitmodell an.
Weiter traten per Schuljahr 2023/24 rund 200 Lernende nach der 3. Sekundarschulklasse in ein Kurzzeitgymnasium ein. Das entsprach 6,1 Prozent aller Lernenden der 3. Sekundarschulklassen. Der Anteil der Übertritte ans Kurzzeitgymnasium nach der 3. Sekundarschulklasse schwankte in den vergangenen zehn Jahren zwischen 4,2 und 7,6 Prozent. Tendenziell zeigten sich in den gleichen Regionen hohe Übertrittsquoten nach der 3. Sekundarschulklasse, die auch vergleichsweise hohe Übertrittsquoten ans Langzeitgymnasium aufwiesen.
Durch die Möglichkeit, während oder nach der Sekundarschule ans Kurzzeitgymnasium zu wechseln, verringern sich zwar die Unterschiede zwischen den regionalen Übertrittsquoten, sie werden jedoch nicht vollständig ausgeglichen.
Die Kurzzeitgymnasien werden im Kapitel "Lernende der Sekundarstufe II" vertieft analysiert.
Überprüfung der Grundkompetenzen
Mit der Erhebung zur "Überprüfung der Grundkompetenzen" (ÜGK) sind erstmals schweizweit vergleichbare Daten zu den Fähigkeiten der Lernenden zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer obligatorischen Schullaufbahn verfügbar. Die Daten zeigen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Einflussfaktoren und dem Schulerfolg auf und erlauben Analysen von Bildungsverläufen unter Berücksichtigung der schulischen Leistungen.
Die Konferenz der kantonalen Erzeihungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) hat 2011 nationale Bildungsstandards zur Harmonisierung der Unterrichtsziele verabschiedet (vgl. EDK: nationale Bildungsziele). Diese Bildungsziele beschreiben, welche Grundkompetenzen die Lernenden bis zu spezifischen Zeitpunkten ihrer obligatorischen Schulzeit erwerben sollen. Ob die entsprechenden Ziele erreicht werden, wird durch die Erhebungen zur "Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen" untersucht (vgl. ÜGK Schweiz). Im Jahr 2016 wurden die Kompetenzen im Mathematik am Ende der obligatorischen Schulzeit erhoben, im Jahr 2017 die Kompetenzen in der Schulsprache und der ersten Fremdsprache am Ende der Primarschulzeit. Die letzte ÜGK-Erhebung fand 2023 statt und erhob die Grundkompetenzen im Bereich Sprachen am Ende der obligatorischen Schulzeit.
Keine Unterschiede in den Englischkompetenzen nach Fremdsprachigkeit beobachtet
Im Jahr 2017 wurden die Grundkompetenzen der Lernenden in der Schulsprache und in der ersten Fremdsprache am Ende der Primarstufe erhoben (vgl. Konsortium ÜGK 2019b: Überprüfung der Grundkompetenzen Sprachen). Im Kanton Luzern – wie in der Gesamtschweiz – erreichten Kinder, die zu Hause (unter anderem) eine andere Sprache als Deutsch sprechen, die Grundkompetenzen im Lesen seltener als Kinder, die zu Hause ausschliesslich Deutsch sprechen. Im Schreiben (Orthographie) waren diese Unterschiede bei den Grundkompetenzen für die deutschsprachigen Kantone insgesamt ebenfalls zu beobachten; für den Kanton Luzern waren sie jedoch statistisch nicht signifikant. Betreffend das Lese- und Hörverständnis in der ersten Fremdsprache waren für keinen der Kantone, die Englisch als erste Fremdsprache unterrichten, signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen von Lernenden zu beobachten.
Weder auf Ebene der Gesamtschweiz noch auf Ebene der Kantone konnten nennenswerten Unterschiede in den Sprachkompetenzen nach Geschlecht beobachtet werden. Unterschiede zeigten sich sowohl im Kanton Luzern als auch in der Gesamtschweiz zwischen Kindern verschiedener sozialer Herkunft.
Mathematische Grundkompetenzen unterscheiden sich nach Erstsprache und sozialer Herkunft
Unter den Schülerinnen und Schülern der letzten Klasse der Sekundarstufe I (Sekundarschule oder Gymnasium) wurden im Jahr 2016 die Grundkompetenzen im Bereich Mathematik erhoben (vgl. Konsortium ÜGK 2019a: Überprüfung der Grundkompetenzen Mathematik). Schweizweit erreichten insgesamt 62 Prozent der Lernenden die Grundkompetenzen im Fach Mathematik. Für den Kanton Luzern lag dieser Anteil mit 56 Prozent tiefer.
Sowohl im Kanton Luzern als auch in der Gesamtschweiz erreichten Lernende, die zu Hause (auch) andere Sprachen als Deutsch sprechen, die Grundkompetenzen in Mathematik seltener als Lernende, die zu Hause ausschliesslich Deutsch sprechen. Wie auch bei den Sprachkompetenzen am Ende der Primarstufe waren zwischen den Geschlechtern keine nennenswerten Unterschiede zu beobachten. Deutliche Unterschiede traten wiederum zwischen Jugendlichen verschiedener sozialer Herkunft auf.
Datenbasis und Literatur
Datenbasis
Der Bildungsbericht basiert hauptsächlich auf statistischen Daten. Die Wahl der Quellen und Auswertungsmethoden erfolgte auf der Grundlage statistischer Überlegungen und folgt den Qualitätskriterien der öffentlichen Statistik.
- Bundesamt für Statistik: Statistik der Lernenden (Datenstand: 27.03.2024)
- LUSTAT Statistik Luzern: Bildungsszenarien
Für einzelne Auswertungen sind weitere Datenquellen des Bundsamts für Statistik sowie Statistiken kantonaler Stellen verwendet worden.
Literatur
- Dienststelle Volksschulbildung (2020): Die Sekundarschule. Informationen für Schulen, Erziehungsberechtigte und Lehrbetriebe. Luzern.
- Konsortium ÜGK (Hrsg.) (2019a): Überprüfung der Grundkompetenzen. Nationaler Bericht der ÜGK 2016: Mathematik 11. Schuljahr. Bern und Genf.
- Konsortium ÜGK (Hrsg.) (2019b): Überprüfung der Grundkompetenzen. Nationaler Bericht der ÜGK 20217: Sprachen 8. Schuljahr. Bern und Genf.
- Lätsch, David; Andrea Scholian, Silvija Gavez (2024): Evaluation des Förderprogramms CHANCE KSR an der Kantonsschule Reussbühl Luzern. Schlussbericht der Evaluationsstudie. Zürich.
- LUSTAT Statistik Luzern (2024): Das Leben im Kanton Luzern. Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung 2023. Luzern.
- Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (2023): Bildungsbericht Schweiz 2023. Aarau.