Gemeindefinanzen - Rechnungsabschlüsse 2019

Erstes Rechnungsjahr nach HRM2 mehrheitlich mit Ertragsüberschüssen

Im Rechnungsjahr 2019 hat die grosse Mehrheit der Luzerner Gemeinden auf das Harmonisierte Rechnungslegungsmodell 2 (HRM2) umgestellt. Nachdem 2018 einzig 5 Testgemeinden nach HRM2 gebucht hatten, war 2019 die Anwendung des neuen Modells zwingend.

2019 erzielten die Luzerner Gemeinden in der Summe Ertragsüberschüsse von rund 111 Millionen Franken. Damit resultierte für die Luzerner Gemeinden nach 2018 insgesamt erneut ein positives Rechnungsergebnis. Die Nettoinvestitionen betrugen 236 Millionen Franken. Im Durchschnitt konnten die Gemeinden ihre Nettoinvestitionen selber finanzieren. Der Selbstfinanzierungsgrad für 1 Jahr lag bei rund 113 Prozent. Die Nettoschulden pro Einwohner/in beliefen sich auf 533 Franken. Dieser Wert ist erheblich tiefer als 2017 (1'950 Fr./Einw.), als diese Kennzahl zum letzten Mal unter HRM1 auf Ebene aller Gemeinden ausgewiesen werden konnte. Zu diesem Rückgang hat neben den erzielten Ertragsüberschüssen insbesondere die Aufwertung der Finanzvermögen im Zug der Neubewertung unter HRM2 beigetragen. Für die Berechnung der Nettoschulden wird das Finanzvermögen vom Fremdkapital abgezogen.

Mit HRM2 werden das Finanzvermögen und die Sachanlagen des Verwaltungsvermögens neu nach dem True-and-Fair-View-Prinzip bewertet, das heisst, es werden die tatsächlichen Werte abgebildet. Dies hat bei den Gemeinden zu Aufwertungen ihrer Vermögen geführt. Zudem sind die Aktivierungsgrenzen bei Investitionen deutlich tiefer als unter HRM1.

Der Abschluss der Gemeinderechnungen 2019 fiel mit den verhängten Einschränkungen infolge der Coronavirus-Pandemie zusammen. Den Gemeinden gewährte der Regierungsrat infolgedessen eine Fristverlängerung zur Genehmigung ihrer Jahresrechnungen durch die Stimmberechtigten bis Ende Jahr. Dementsprechend werden die Jahresrechnungen erst Ende 2020 vollständig für alle Gemeinden im Kanton Luzern offiziell genehmigt sein.

27 Gemeinden mit über 1 Million Franken Überschuss

Über die Hälfte der Luzerner Gemeinden erzielte 2019 einen Ertragsüberschuss von bis zu 1 Million Franken. Überschüsse von über 1 Million Franken resultierten bei 27 Gemeinden. Die höchsten Ertragsüberschüsse erzielten die Gemeinden Luzern (26,7 Mio. Fr.), Horw (20,4 Mio.), Weggis (8,4 Mio.) und Meggen (6,8 Mio.). Ein negatives Rechnungsergebnis wiesen insgesamt 12 Gemeinden aus. Die höchsten Aufwandüberschüsse resultierten bei den Gemeinden Kriens (5,6 Mio. Fr.), Ebikon (1,7 Mio.) und Emmen (1,6 Mio.). Aufwandüberschüsse werden aus dem Eigenkapital gedeckt (Konto Bilanzüberschuss/-fehlbetrag). Ende 2019 wies keine Gemeinde auf diesem Konto einen Fehlbetrag aus.

Das Gesamtergebnis der Gemeinden setzt sich zusammen aus dem Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit und dem Finanzergebnis, welche zusammen das operative Ergebnis bilden, sowie dem ausserordentlichen Ergebnis. Die verschiedenen Ergebnisbestandteile werden in der gestuften Erfolgsrechnung dargestellt. Die Mehrheit der Luzerner Gemeinden wiesen 2019 ausserordentliche Überschüsse aus. Diese sind grösstenteils auf Entnahmen aus Aufwertungsreserven zurückzuführen. Diese Entnahmen kompensieren die höheren Abschreibungen aufgrund der aufgewerteten Sachanlagen infolge der Umstellung auf HRM2. Dadurch beeinflusst die geänderte Abschreibungspraxis das Gesamtergebnis nicht. Bei 5 Gemeinden wurde das negative operative Ergebnis durch ausserordentliche Erträge (Aufwertungsreserven) wettgemacht. 1 Gemeinde wies zwar ein knapp positives operatives Ergebnis aus, wegen ausserordentlicher Aufwände (Zins- und Amortisation LUPK-Darlehen) resultierte aber ein leicht negatives Gesamtergebnis.

Die Ausgaben aus unterschiedlichen Blickwinkeln

Die Aufwände der Gemeinden in den verschiedenen Aufgabenbereichen (Funktionen) werden brutto und netto, das heisst nach Abzug der Erträge, ausgewiesen. Die Bruttobetrachtung zeigt die gesamthaft anfallenden Kosten je Bereich. In der Nettobetrachtung (Nettobelastung) werden die eingehenden Erträge je Bereich – zum Beispiel die geleisteten Entschädigungen für eine öffentliche Dienstleistung, Transferzahlungen und die intern weiterverrechneten Kosten – abgezogen.

Die Ausgaben für die Bildung waren sowohl bei den Bruttoaufwänden als auch bei der Nettobelastung 2019 im Durchschnitt am höchsten (brutto 2'924 und netto 1'452 Fr./Kopf). Auf sie folgten die Ausgaben für die Soziale Sicherheit (brutto 1'321 und netto 1'064 Fr./Kopf). Bei der Sozialen Sicherheit zeigt sich ein Zusammenhang zur Wohnbevölkerung: Je mehr Einwohner/innen eine Gemeinde hat (städtische Gemeinden), desto grösser ist tendenziell derjenige Teil der Bevölkerung, der auf Leistungen der Sozialen Sicherheit angewiesen ist. Desto höher sind in der Folge die Pro-Kopf-Ausgaben in diesem Bereich. Dementsprechend wies die Stadt Luzern im Gegensatz zu allen anderen Luzerner Gemeinden die höchste Nettobelastung nicht bei der Bildung, sondern bei der Sozialen Sicherheit aus. Auch im Bereich Kultur, Sport und Freizeit, Kirche besteht ein entsprechender Zusammenhang, zeigt sich dort allerdings nicht ganz so ausgeprägt. Dieser Zusammenhang ist Ausdruck des grösseren Freizeit- und Kulturangebotes der städtischen Gemeinden. An dritter Stelle stand bei den Bruttoaufwänden die Allgemeine Verwaltung mit 866 Franken pro Kopf. Anders zeigte sich die Situation bei der Nettobelastung, wo die Kosten der Allgemeinen Verwaltung zu einem grossen Teil weiterverrechnet werden konnten und deshalb wesentlich geringer ausfielen (201 Fr./Kopf).

Eine negative Nettobelastung bestand in den Bereichen Volkswirtschaft sowie Finanzen und Steuern. Dem Bereich Finanzen und Steuern werden die Erträge aus den Steuereinnahmen und den Finanzausgleichszahlungen zugeordnet.

Hinsichtlich der Aufwandarten waren 2019 die Personalkosten die höchste Aufwandposition, gefolgt von den Transferzahlungen.

Fiskalerträge als Haupteinnahmequelle

Die Gemeinden bezogen 2019 rund die Hälfte ihrer finanziellen Mittel aus den Fiskalerträgen. Bedeutende Einnahmequellen waren auch Transfererträge und Entgelte. Bei einzelnen Gemeinden überstiegen die Transfererträge die Fiskalerträge sogar.

Die natürlichen Personen trugen 2019 per direkte Steuern mit 82 Prozent zu den Fiskalerträgen der Luzerner Gemeinden bei und die juristischen Personen mit 10 Prozent. Die übrigen 8 Prozent verteilten sich auf Sondersteuern und Besitz- und Aufwandsteuern. Der weitaus grösste Anteil an den Fiskalerträgen haben die Einkommenssteuern der natürlichen Personen mit einem Anteil von 68 Prozent. Dies entspricht einem Pro-Kopf-Wert von 2'389 Franken. Die Vermögenssteuern der natürlichen Personen machten 8 Prozent der Fiskalerträge aus und betrugen pro Kopf 299 Franken. An dritter Stelle standen die Gewinnsteuern der juristischen Personen (7%).

Am meisten Investitionen in der Bildung

Insgesamt investierten die Luzerner Gemeinden im Jahr 2019 netto 236 Millionen Franken bzw. 570 Franken pro Kopf. Die höchsten Investitionen tätigten sie im Bereich Bildung (netto 111 Mio. Fr.), gefolgt vom Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung (netto 46 Mio. Fr.). Sämtliche Gemeinden führten für das Jahr 2019 eine Investitionsrechnung, wobei die Variation der investierten Beträge zwischen den einzelnen Gemeinden gross ist. Nottwil hatte mit 2'085 Franken die höchsten Pro-Kopf-Investitionen, die unter anderem mit dem Beitritt der Gemeinde zur Aquaregio AG im Zusammenhang stehen. Schenkon führte die Pro-Kopf-Investitionen im Bereich Bildung an (1'433 Fr.), die für Schulliegenschaften eingesetzt wurden. 5 Gemeinden wiesen 2019 negative Nettoinvestitionen aus.

Unterschiedliche Ausprägung der Finanzkennzahlen in den Gemeinden

Die Finanzkennzahlen sind ein Indikator dafür, wie robust die finanzielle Situation der Gemeinden ist. Für jede Kennzahl ist in der Verordnung zum Gesetz über den Finanzhaushalt der Gemeinden (FHGV) eine Bandbreite definiert, die eingehalten werden sollte. Ansonsten müssen von den Gemeinden Korrekturmassnahmen eingeleitet werden. Im Rechnungsjahr 2019 wurden im Durchschnitt der Gemeinden alle Bandbreiten eingehalten. Auf Gemeindeebene trifft dies auf 47 Gemeinden ebenfalls zu. Ansonsten variiert die Zahl der Kennzahlen, deren Bandbreite nicht eingehalten worden sind, bei den Gemeinden zwischen 1 und 5.

Auffällig war im Rechnungsjahr 2019 die mit einem Betrag von 533 Franken tiefe mittlere Nettoschuld pro Einwohner/in. 2017 (letzter verfügbarer Referenzwert) hatte dieser Wert noch 1'950 Franken betragen. Zum Rückgang hat 2019 ein besonderer HRM2-Effekt beigetragen: die Aufwertung des Finanzvermögens gemäss dem True-and-Fair-View-Prinzip. Die Verschuldungssituation der einzelnen Gemeinden blieb dennoch sehr heterogen. Der Wert der Nettoschulden je Einwohner/in variierte von –6'734 Franken (= Nettovermögen) in Ballwil bis zu 5'597 Franken in Wolhusen. Trotz bestehender Schulden erfüllten alle Gemeinden die Vorgaben für die Kennzahlen Zinsbelastungsanteil und Kapitaldienstanteil.

Autorin: Anita Brunner / 14. Oktober 2020

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